Wer viel reist kennt den ständigen, unliebsamen Begleiter, der das Ende eines Urlaubs schnell zur Tortur macht - den Jetlag.
Ich bin hierfür immer besonders anfällig gewesen. Tagelang konnte ich nachts nicht schlafen und war tagsüber wie gerädert. Nach meiner Rückkehr aus Mexiko habe ich mich eine Woche lang damit gequält und bin morgens in der Frühbesprechung regelmäßig eingeschlafen.
Wir sind grad aus Nepal zurück und dieses Mal war der Jetlag für mich kein Problem. Wie ich mit Hilfe des Ayurveda meinem alten bekannten die Stirn geboten habe möchte ich heute mit dir teilen.
Aus ayurvedischer Sicht ist der Jetlag eine Vata-Störung. Vata ist das Dosha, dass sich aus Luft und Raum zusammen setzt. Auf Reisen kommt es generell schnell zu einer Vata-Störung, weil wir uns schneller in unterschiedliche Zeitzonen bewegen, als es unser Körper zu Fuß könnte. So bleibt ihm keine Zeit sich anzupassen. Bei Fernreisen mit dem Flugzeug ist das besonders ausgeprägt, da wir hier natürlich viel Luft und Raum ausgesetzt sind und ohne, dass der Körper es merkt nach wenigen Stunden in einer völlig anderen Zeitzone sind.
Jetlag vorbeugen oder behandeln bedeutet also dein Vata zu besänftigen.
Ich habe dir hier mal 5 Tipps aufgeschrieben, wie du mit ganz einfachen Mitteln dein Vata nach einer Reise wieder in Balance bringst.
1. Abhyanga
In einem meiner letzten Artikel habe ich dir erklärt, was Abhyanga, also die ayurvedische Ölmassage ist, wie du sie anwendest und was sie bewirkt.
Bei Vata-Störungen, also auch dem Jetlag hilft Abhyanga mit Sesamöl. Sesamöl hat wärmende Eigenschaften und die Massage harmonisiert durch die sanften streichenden Bewegungen dein Vata. Du kannst jeden Abend eine Ganzkörpermassage gefolgt von einer warmen Dusche machen. Auch hilfreich sind Fußmassagen mit Sesamöl. Unsere Füße sind unser Kontakt zur Erde. Die Fußmassage mit Sesamöl holt Vata sanft auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich mische gern 1-2 Tropfen Lavendelöl hinzu, dass auch eine sehr beruhigende und schlaffördernde Wirkung hat.
2. Wärme von Innen
Vatas Eigenschaften sind kalt und trocken. Ein Spruch, der eigentlich im Ayurveda immer anwendbar ist, hilft zu verstehen, warum dir Wärme beim Jetlag hilft:
Like attracts like, opposite creates balance.
Das heißt, um eine Dosha-Störung zu behandeln, braucht es immer das Gegenteil der jeweiligen Eigenschaften des Doshas.
Warme Malzeiten und warmes Wasser werden im Ayurveda generell empfohlen (ließ hier nach warum). Beim Jetlag wird diese Empfehlung aber besonders wichtig. Achte also in den Tagen nach deiner Ankunft darauf, dass du wenn es geht nur warme Malzeiten zu dir nimmst und nur warme Getränke trinkst. Tee oder einfach nur heißes Wasser sind eigentlich immer verfügbar.
Achte auch darauf, dass du viel trinkst. Das gleicht die trockene Eigenschaft von Vata aus. Mindestens 2 Liter pro Tag sollten es schon sein.
3. erdendes Yoga
Mir hat vor allem Yoga sehr geholfen. Bei Vata-Störungen sollte Yoga möglichst erdend sein. Jetzt könnte man denken, dass ein knackiger Vinyasa-Flow, der dich schön ins Schwitzen bringt, die Kühle von Vata reduziert, aber das klappt meist nicht so gut. Durch die Anstrengung und die Geschwindigkeit solcher Stile wird Vata meist noch erhöht. Ich würde dir eher ein langsames Yoga mit vielen Stehhaltungen, die gern auch mal länger gehalten werden dürfen, empfehlen.
Was Wunder wirkt ist ein halber Schulterstand an der Wand. Umkehrhaltungen gleichen Vata schön aus und der Kontakt zur Wand wirkt wieder erdend. Leg dich dafür einfach auf den Rücken und streck die Beine im rechten Winkel an der Wand aus. Wenn du magst, kannst du dir eine Decke oder ein Bolster unter das Gesäß legen um das Herz noch ein wenig höher als den Kopf zu bringen.
Vata-ausgleichendes Pranayama ist Nadi Shodana, also die Wechselatmung. Hierfür bringst du die rechte Hand ins Vishnu-Mudra (Daumen, Ringfinger und Kleinfinger gestreckt, Zeigefinger und Mittelfinger zur Handfläche gebeugt). Verschließ mit dem Daumen das rechte Nasenloch und atme links ein, verschließe das linke Nasenloch mit den Ringfinger, öffne das rechte Nasenloch und atme rechts aus, atme rechts wieder ein, verschließe das rechte Nasenloch und öffne das linke, atme dann links wieder aus. Setze die Wechselatmung für einige Minuten fort. Du wird's schnell merken, wie dich dieses Pranayama beruhigt. Es harmonisiert die Sonnenenergie (die unsere rechte Körperseite repräsentiert) und die Mondenergie (linke Körperseite) und bringt uns so wieder ins Gleichgewicht.
4. ayurvedische Schlafmilch
Bestimmt erinnerst du dich noch an Mamas Hausrezept, wenn du nicht schlafen konntest. Warme Milch mit Honig (hm, da kommen Kindheitserinnerungen hoch). Und mal ganz ehrlich, hat doch wirkt, oder?
Im Ayurveda arbeiten wir viel mit Kräutern und Gewürzen um die Doshas auszugleichen. Mein Rezept für die warme Milch mit Honig auf ayurvedisch möchte ich mit dir teilen. Mein Rezept ist natürlich vegan.
1 Tasse Pflanzenmilch (Mandelmilch wirkt besonders beruhigend auf Vata)
1 Tl. Ashwagandha-Pulver
1 Tl. gemahlener Kurkuma
1 Tl. gemahlener Kardamon
1/2 Tl. gemahlener Zimt
1/2 Tl. Reissirup oder Agavendicksaft
Lass die "Milch" in einem Topf warm werden und rühre die Zutaten dann in die warme Milch ein. Eine schnellere Variante ist einfach alles in die kalte "Milch" zu rühren und das ganze für 1 Minute in die Mikrowelle zu stellen. Allerdings kann das unnatürlich schnelle Aufwärmen in der Mikrowelle Vata nicht so gut beruhigen, wie das langsame Aufkochen auf dem Herd. Liegt nahe, oder?
Ashwagandha ist übrigens eine indische Heilpflanze. Sie wird auch Schlafbeere oder Winterkirsche genannt und ist mittlerweile online oder sogar im Biomarkt leicht zu bekommen. Die zusätzliche Süße (Sanskrit madhura) des Reissirup gleicht Vata sanft aus.
5. nackte Füße ins Gras
Dieser Tipp mag dir jetzt vielleicht etwas komisch vorkommen, ist aber mein Ernst. Barfuß durchs Gras laufen hat einen besonders erdenden Effekt auf deinen Körper und die Doshas. Du verbindest dich so mit der Erde an dem jeweiligen Ort (am Urlaubsort darf es natürlich auch Sand sein).
Nimm dir 5 Minuten Zeit, zieh die Schuhe aus und laufe langsam und achtsam ein paar Runden. Nimm dabei den Untergrund bewusst an deinen Füßen wahr. Spüre die Kühle des Grases oder die Wärme des Sandes unter deinen Füßen und nimm Kontakt auf mit dem Ort. Atme dabei bewusst ein und aus und lass dich durch nichts ablenken. Mach das an den ersten Tagen nach der Landung morgens und abends. Du wird's sehen, dein Vata wird's dir danken.
So, jetzt weißt du, wie ich es geschafft habe, kein Jetlag zu haben. Mein Kopf ist aktuell ganz klar, ich bin super entspannt und sehr sanft wieder im Hier und Jetzt gelandet.
Ich hoffe meine Tipps sind dir eine kleine Hilfe bei deinem nächsten Jetlag.
Stay in balance,
Nadine